Von der Nordsee zum Mittelmeer führt einer der schönsten Wanderwege des Kontinents. Er bietet einen Längsschnitt vieler Kulturlandschaften des alten Europa und lässt kein Gebirge aus.

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1. Süd-Niederlande (Niederlande)
2. Flandern (Belgien)
3. Wallonie (Belgien)
4. Luxemburg
5. Lothringen & Elsass (Frankreich)
6. Jura (Frankreich/Schweiz)
7. Alpen (Frankreich/Schweiz)
Überblick
Der GR 5 beginnt an der Nordsee beim niederländischen Hoek-van-Holland und endet am Mittelmeer im französischen Nizza. Von den Ardennen über die Vogesen, den Jura bis zu den Alpen führt der GR5 durch sehr unterschiedliche Gebirge und Kulturräume. Nach dem Start in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und einem späten Schlenker durch die Schweiz führen über zwei Drittel des Weges durch Frankreich.
Der GR 5 ist zwar Teil des Europäischen Fernwanderwegs 2 (E2). Anders als auf Französisch, Niederländisch und Englisch gibt es aber kaum deutschsprachige Literatur oder Websites über ihn. (Mit diesem Blog will ich das etwas ändern.) Nur die prominenten Abschnitte werden teilweise genauer beschrieben – das Elsaß (Vogesen) und die französischen Alpen (GTA/ Grande Traversée des Alpes). GR steht übrigens für Sentier de Grand Randonnée und kennzeichnet vor allem Wege des französischen Wanderwegnetzes, das 1947 eingerichtete wurde. Legendäre Wege sind z.B. GR 10 (Pyrenäen), GR 20 (Korsika), GR 34 (Bretagne) und GR 70 (Cevennen).
Warum gerade dieser Wanderweg?
Zwei Geständnisse vorab:
a. Ich wandere den GR5 als Plan B, weil ich den Pacific Crest Trail (USA) aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten kann.
b. Erstmals bin ich über die ZDF-Fernsehserie „Missing Lisa“ auf den GR 5 aufmerksam geworden; die Serie ist so semi gut, aber die Landschaft sieht fantastisch aus.
Der GR5 wird gerne von Superlativen wie dem eindrucksvollsten, dem spektakulärsten oder dem schönsten Wanderweg Europas belegt. Nachdem ich in den letzten Jahren viel in Skandinavien, auf den britischen Inseln und in Italien war, möchte ich jetzt das ländliche Frankreich besser kennenlernen. Und es reizt mich nach den belgischen Ardennen, den Osten Frankreichs zu Fuß kennenzulernen, dafür durch das Elsaß und den Jura zu wandern und vom Genfer See aus mit einer Alpenüberquerung den GR 5 abzuschließen.

Abschnitten
Bei meiner Recherche habe ich für mich sieben Abschnitte unterschieden.
1. Süd-Niederlande – Hoek von Holland bis Bergen op Zoom
– 142 KM – 720 Höhenmeter – ca. 5-7 Tage (=Etappen)
2. Flandern (Belgien) – Bergen op Zoom bis Maastricht
– 227 KM – 1500 HM – ca. 9-12 Tage
3. Wallonie / Ardennen (Belgien) – Maastricht bis Ouren
– 159 KM – 5600 HM – ca. 6-8 Tage
4. Luxemburg – Ouren bis Schengen
– 177 KM – 13.500 HM – ca. 7-9 Tage
5. Lothringen & Elsass / Vogesen – Schengen bis Montbouton
– 595 KM – 35.000 HM – ca. 25-30 Tage
6. Französisches Jura – Montbouton bis Genfer See/Nyon
– 279 KM – 18.400 HM – ca. 12 Tage
7. Französische Alpen – Genfer See bis Nizza
– 601 KM – 79.100 HM – ca. 28-35 Tage
Gesamtlänge: ca. 2180 KM
Höhenmeter: ca. 153.820 HM
Etappen: ca. 92-113 Tage







Planung und Organisation
Reisezeit: Juni bis Oktober sind auch die höhergelegenen Passagen in den Alpen wanderbar. Im Juni und Oktober sind viele Alpenhütten noch oder schon wieder geschlossen. Die tiefer gelegene Strecke von der Nordsee bis zum Genfer See ist ganzjährig wanderbar.
Unterkünfte: Je nach Region gibt es eine hohe oder geringe Dichte an Hotels, Hostels, Hütten und Zeltplätzen. Da knapp 100 Nächte im Hotel schon zu Buche schlagen, habe ich mich für eine Kombi aus überwiegend Zelten und Hütten und gelegentlichen Hotelübernachtungen entschieden. Am Ende war ich 41 mal im Hotel, 9 mal auf der Hütte (fünf davon bewirtschaftet) und 48 mal Zelten (bis Jura auf Campingplätzen, in den Alpen nur noch wild). Gerade in einsameren und touristisch weniger erschlossenen Gegenden wie Lothringen und den Alpen kann die Etappenplanung sehr anspruchsvoll sein, denn in der Nebensaison schließen viele Unterkünfte in den Alpen ca. Mitte/Ende September, um teilweise im Dezember wieder zu öffnen. Hier bleibt dann nur die Qual der Wahl: sehr lange Etappen, am Ende des Tages mit Bus/Zug/Taxi zu einer Unterkunft fernab des Weges oder wildcampen.
Kurz: Die Wanderung ist in der Hauptsaison ohne Zelt (Kocher, Isomatte …) möglich, wenn man spätestes Mitte September in Nizza ankommt.
Anspruch: schwierig – denn natürlich ist schon die Länge eine echte Herausforderung. Blicken wir aber auf die Einzeletappen: Je nachdem wie lang Du Deine Tagestouren planst, verlaufen viele Etappen auf einfachen Wegen und sind gut machbar, also: einfach. Ausnahmen sind einzelne Etappen im Norden Luxemburgs, im Doubstal (Jura) sowie viele Strecken in den Vogesen und den Alpen. Nach dem Einlaufen im flachem und einfachen Gelände der Niederlande und von Flandern nimmt der Weg ab der Wallonie alle Gebirge mit, die auf dem Weg liegen. Doch gibt es beispielsweise auch in Lothringen viele eher flache Etappen. Nicht zuletzt wegen der Alpen kommt der GR 5 im Schnitt auf 70 Höhenmeter (HM) pro Wander-KM, was richtig viel ist. Gerade die Alpenüberquerung (Genfer See bis Nizza) warten mit vielen schwierigen Einzeletappen auf. Über 2000 Höhenmeter täglich und in der Spitze über 3000 HM pro Tag – das ist heftig. Während ich nach dem Jura dachte, nun sei ich gut eingelaufen und würde die „kleine“ Alpenüberquerung auch noch gut bewältigen, haben mich die Alpen noch einmal ganz anders gefordert. Kurz: Du bekommst unbeschreiblich schöne Landschaft, dafür ist es aber auch körperlich sehr herausfordernd.
Verpflegung und Wasser: Man kommt fast täglich an kleinen Orten, Supermärkten und/oder Tankstellen vorbei. Lebensmittel kann man also mindestens alle zwei Tage nachkaufen. Ausnahme: Die Alpen in der Nebensaison. Während Du in der Hauptsaison fast täglich einkaufen kannst, haben viele Wintersportorte und damit auch die kleinen Läden haben zu; deshalb solltest Du sicherheitshalber für mehrere Tage Lebensmittel mitführen. Wirklich sichere Posten waren für mich: Samoëns, Les Houches (bzw. das benachbarte Chamonix Mont-Blanc), Tiges/Val d‘Isere, Modane, Briançon, Levens und Nizza. Dazwischen haben immer wieder kleine „Tante Emma-Läden“ geöffnet, verlassen kann man sich darauf aber nicht.
Idealerweise solltest Du bei Deiner Unterkunft morgens eine Tagesration Wasser abfüllen und mitführen, was an heißen Tagen auch mal 3-5 Liter sein können. Denn: Viele natürliche Wasserquellen (Bäche, Seen etc.) sind – zumindest in der ersten Hälfte des Weges – wenig vertrauenserweckend, u.a. weil sie stehen, trüb sind oder Viehwirtschaft in der Nähe ist. Nicht alle Friedhöfe – sonst ein gängiger Geheimtipp – haben Wasser. Öffentliche Wasserhähne gibt es durchaus in einigen kleinen Orten am Weg; aber Du kannst Dich nicht drauf verlassen. Notfalls muss man bei jemand klingeln oder Personen im Vorgarten um das Auffüllen der Wasserflaschen bitten.
Orientierung, Ausschilderung, Karten: Auf jeden Fall empfehle ich, den GR 5 mit einer Karte zu wandern. Ich orientiere mich mit einer Karten-App inkl. GPS auf dem Handy. Komoot und Outdooractive haben bei der Stiftung Warentest am besten abgeschnitten.
Grundsätzlich ist der GR 5 zwar durchgehend ausgeschildert. In den meisten Gegenden ist der GR 5 mit einem weißen Balken oben und einem roten Balken darunter gekennzeichnet; in Luxemburg ist es ein gelber Kreis, in den Vogesen ein rotes Rechteck und in der Schweiz eine gelbe Raute. Leider gibt es aber immer wieder Weggabelungen, wo eine Ausschilderung fehlt oder so versteckt ist (z.B. zugewachsen oder verwittert), dass ich sie leicht übersehe. Vor den Vogesen musste ich mindestens stündlich auf meine Wander-App schauen, um mich zu orientieren. Dass einzelne Abschnitte hervorragend und in der nächsten Kommune dann wieder leidlich beschildert sind, fällt auf, bringt Dich in der Praxis aber nicht weiter.
Übrigens: Erst in Frankreich wird auf Schildern auch angegeben, wie weit es bis zur nächsten Ortschaft oder Wegpunkt ist. In den Vogesen, im Jura und in den Alpen ist es am besten mit der Ausschilderung.

Meine Wanderung
… auf dem GR5 begann am 02. Juli 2024 am Nordseestand von Hoek-van-Holland und endete am 21. Oktober am Mittelmeerstrand von Nizza. Damit hatte ich 90 Wandertage, neun Pausentage auf dem Weg und drei Kurzbesuche zu Hause (3-6 Tage).
Respekt hatte ich vor allem vor den vielen Höhenmetern und der Einsamkeit. Denn nicht erst in den Alpen, wo man es erwarten würde, nein, spätestens ab Luxemburg geht es im Vergleich zu anderen Fernwanderwegen viel auf und ab. Ich bin unterwegs sechs anderen Wanderer:innen (vier davon aus Antwerpen!) begegnet, die den GR 5 auch gewandert sind – alle aber nur einzelne Etappen und niemand am Stück wie ich. Wanderfreundschaften konnte ich also nicht schließen. Allenfalls ergaben sich auf dem Campingplatz oder der Hütte Gespräche für einen Abend. Insofern war der GR 5 für mich eine einsame Tour, bei der ich unterwegs öfter zu Hause und Freunde anrief und viel Podcasts, Musik und Hörbücher hörte.
Meine Berichte und Eindrücke zu den einzelnen Abschnitten findest Du auf den oben verlinkten Seiten.
Websites
Umfangreicher und detaillierter Daten- und Kartensatz zum GR 5 Etappenlängen, Wegpunkten, Unterkünften und Karte: https://www.longdistancepaths.eu/gr5/de/#routemap
Beschreibung des französischen Teils: https://www.france.fr/de/artikel/der-fernwanderweg-grande-randonnee-5/#saison-4
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